CIBEDO-Beiträge 03/2013
Editorial
Editorial 3/2013
Liebe Leserinnen und Leser,
die Ereignisse, Berichte und übermittelten Bilder aus Ägypten und Syrien machen uns fassungslos. Die Konflikte scheinen nicht enden zu wollen. Die Gewalteskalation in Krisenländern wie dem Irak machte nicht einmal während des islamischen Fastenmonats Ramadan halt. Eine friedliche Lösung ist nicht in Sicht. Das Töten und Morden nimmt seinen Lauf und in Syrien herrscht längst ein Bürgerkrieg, dessen Linien entlang der Konfessionen verlaufen. Appelle der Staatengemeinschaft und der verschiedenen Religionsvertreter an die Konfliktparteien scheinen nicht gehört zu werden. Sowohl in Ägypten als auch in Syrien haben die Christen Angst davor, dass sie am Ende doch für die chaotischen Zustände in diesen Ländern verantwortlich gemacht werden. Sie müssen heute schon um ihre Existenz bangen.
In dieser schier ausweglosen Situation kündigte Papst Franziskus für den 7. September einen „Schrei nach Frieden“ an. Der Papst rief die Christen, die Gläubigen anderer Religionen und alle Menschen guten Willens nachdrücklich auf: „Gewalt und Krieg sind niemals der Weg des Friedens. Vergebung, Dialog,Versöhnung sind die Worte des Friedens – in der geliebten syrischen Nation, im Vorderen Orient, in der ganzen Welt.“ Sein Appell wurde in der ganzen Welt, auf allen Kontinenten bereitwillig aufgenommen. Auf dem Petersplatz kamen über hunderttausend Menschen zusammen und beteten mit dem Papst über vier Stunden lang für den Frieden. Währenddessen sagte der Papst: „Im Schweigendes Kreuzes verstummt das Getöse der Waffen und kommt die Sprache der Versöhnung, des Verzeihens, des Dialogs und des Friedens zu Wort. Ich möchte heute Abend den Herrn bitten, dass wir Christen und die Brüder undSchwestern der anderen Religionen, alle Menschen guten Willens mit Nachdruck rufen: Gewalt und Krieg sind niemals der Weg des Friedens!“
In Syrien haben sich katholische und orthodoxe Bischöfe an der Gebetsinitiative beteiligt. Der Großmufti von Syrien, Ahmad Badreddin Hassou, der selbst nach Rom kommen wollte, um mit dem Papst zu beten, hat in der Umayyaden-Moschee in Damaskus in Anwesenheit von Muslimen und Christen für den Frieden gebetet. Der Dialog der Religionen wird am effektivsten gelebt und praktiziert, wenn er sich für das Wohl des Menschen einsetzt. Wenn Menschen mit unterschiedlichen religiösen Traditionen andächtig zum Gebet oder zum Schweigen zusammenkommen, wird auch die interreligiöse Solidarität spürbar. Als religiöse Menschen können wir niemals angesichts des Unrechts schweigen und sind verpflichtet, für das Recht und den Frieden einzutreten.
Die päpstliche Friedensinitiative ermutigt uns, Christen und Muslime, weiterhin alles zu unternehmen, dass die gegenseitige Verständigung zwischen unseren Religionsgemeinschaften zunimmt. Möge die Lektüre dieses Heftes ein paar Anregungen liefern, damit der Dialog zwischen den Religionen vertieft werden kann.
Ihr
Timo Güzelmansur
Inhaltsverzeichnis
Editorial
Studien
Muhammad in der zeitgenössischen christlichen Theologie
von David Marshall, Durham (NC) 96
Said Nursi und das Christentum
Die Bedeutung seiner Theologie für den christlich-islamischen Dialog – Eine katholische Perspektive
von Andreas Renz, München 105
Verständnis durch Gemeinsamkeit?
Eine Auseinandersetzung mit dem türkischen Koranexegeten Süleyman Ates
von Tobias Specker SJ, Frankfurt 113
Dokumentation
„Krieg weckt Krieg, Gewalt weckt Gewalt!“
Aufruf von Papst Franziskus zu einem Tag des Fastens und Betens für den Frieden in Syrien, im Nahen Osten und in der ganzen Welt 121
„Schau auf den Schmerz deines Bruders“
Fasten- und Gebetswache für den Frieden, Homilie von Papst Franziskus 123
Kultur des Dialogs und der unvoreingenommenen Begegnung
Ausschnitte aus einer Ansprache von Papst Franziskus bei der Begegnung mit Vertretern der Verantwortungsträger aus Politik und Gesellschaft in Brasilien 125
Ramadanbotschaften:
Papst Franziskus 127
Deutsche Bischofskonferenz 129
Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland 130
Bundespräsident 132
Abschlusserklärung der Tagung des Verbindungskomitees zwischen dem Vatikan und dem Internationalen Islamischen Forum für Dialog in Rom 133
Berichte
„Die Stellung der Frau in Deutschland. Christliche und muslimische Sichtweisen“
Bericht zum Expertenforum der Eugen-Biser-Stiftung und der Evangelischen Akademie Tutzing
von Bernhard Staffa 134
Das Bildungsengagement der Gülen-Bewegung
Bericht über die Vorstellung von Jochen Thies’ Buch „Wir sind Teil dieser Gesellschaft“
von Christoph Bultmann und Tobias Specker SJ 136
Buchbesprechungen
Amirpur, Katajun: Den Islam neu denken. Der Dschihad für Demokratie, Freiheit und Frauenrechte
von Katrin Visse 140
Schmid, Hansjörg: Islam im europäischen Haus: Wege zu einer interreligiösen Sozialethik
von Matthias Böhm 141
Literaturhinweise 143
Neuanschaffungen der CIBEDO-Bibliothek 145
Zeitschriftenschau 146
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